In Folge 2 der Audio-Quicktipps habe ich dir die Empfehlung gegeben, dem Hund möglichst gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, unerwünschtes Verhalten zu zeigen und vorausschauend zu denken. Doch wir alle sind nur Menschen und es gibt immer mal wieder Situationen, in denen es nötig ist, das Verhalten des Hundes sofort zu unterbrechen. Sei es, weil sein Handeln Gefahren mit sich bringt, andere belästigt oder weil wir es einfach zu spät bemerkt haben.
Leider erlebe ich immer wieder, dass Hundehalter ihre Vierbeiner dann anschreien oder gar mit Schreckreizen arbeiten. Doch derartiges Vorgehen ist überhaupt nicht nötig, im Gegenteil: Setzt man aversive Methoden ein, um das Verhalten des Hundes zu unterbrechen, ist dies für den Hund immer mit Frust und anderen negativen Emotionen verbunden. Außerdem kann der Einsatz von Schreckreizen und anderen unangenehmen Maßnahmen zur Folge haben, dass der Hund die verbotenen Dinge künftig heimlich tut. Genau das wollen wir aber nicht! In diesem Beitrag lernst du, wie du ein Abbruchsignal ohne Schreckreize und ohne laut zu werden trainieren kannst.
Was willst du erreichen?
Zuerst solltest du dir überlegen, was genau du bei deinem Hund erreichen möchtest. Für den Aufbau des Abbruchsignals gehen wir diesen gedanklichen Weg nun gemeinsam. Du kannst die nachfolgenden Überlegungen aber auf alle anderen Dinge übertragen, die dein Hund lernen soll.
Ein Abbruchsignal soll das Verhalten des Hundes sofort beenden. Doch hier können und sollten wir durchaus konkreter werden. Was genau ist mit beenden gemeint? Was soll dein Hund tun? Damit dieser kleine Ausflug nicht in reine Theorie ausartet, gebe ich dir ein kleines Beispiel:
Der Hund ist gerade dabei, im Garten ein Loch zu graben. Seine Halterin sieht das. Sie nennt ihr Abbruchsignal, ruhig und freundlich, vielleicht sogar etwas motivierend. Der Hund hört mit dem Buddeln auf und läuft zu ihr.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Doch wenn wir uns das einmal genauer anschauen,, ist es eigentlich nichts Besonderes.
Der Hund hört das Signal, das natürlich vorher mit ihm über positive Verstärkung trainiert wurde. Er verknüpft: “Oh, Frauchen sagt dieses bestimmte Wort. Jetzt gibt’s etwas Großartiges, das darf ich mir nicht entgehen lassen.” sofort hört er auf zu buddeln, dreht sich um und läuft zu Frauchen, um sich seine Belohnung abzuheben.
Das, was wir hier erreicht haben, ist eine Umorientierung. Überaus effektiv in diesem Fall, denn wenn der Hund die Aufmerksamkeit auf seinen Menschen richtet, kann er schlecht nebenbei noch etwas anderes tun. Diese Umorientierung trainieren wir.
So trainierst du ein Abbruchsignal
Das Erlernen eines Abbruchsignals gliedert sich in 3 Abschnitte:
- Vokabel lernen
- Umorientierung aufbauen
- Alternativverhalten etablieren
Für diese Übung benötigst du einen Clicker oder ein Markerwort. Wenn du das noch nicht haben solltest, empfehle ich dir, zunächst den Clicker bzw. ein Markerwort bei deinem Hund zu konditionieren. Du weißt nicht, wie du das machst? In diesem Artikel ist alles Wichtige erklärt.
1. Vokabel lernen
Wir beginnen, im Gegensatz zum Training der meisten anderen Übungen, als erstes mit dem Aufbau des Wortsignals.
Suche dir ein Wortsignal, mit dem du künftig deinem Hund mitteilen möchtest, dass er Sofort mit dem aufhört, was er gerade tut. Geeignet sind z.B. “Lass es”, “Schluss” “Stop” oder einfach nur “oh-oh”. Doch Achtung: Wähle möglichst ein Signal, das du im Alltag nicht verwendest. Das all zu gern verwendete “Nein” ist als Abbruchsignal meiner Meinung nach nicht geeignet, weil wir es selbst tagtäglich viel zu oft benutzen.
Wichtig ist außerdem, dass du von Anfang an eine sehr hochwertige Belohnung wählst und auch in diesem ersten Stadium schon unter Ablenkung übst. Schließlich möchtest du deinen Hund ja mit diesem Signal irgendwann auch vor gefährlichen Situationen bewahren. Dazu muss es zuverlässig funktionieren.
Der Aufbau erfolgt über klassische Konditionierung.Nenne dein zukünftiges Abbruchsignal, Sofort folgt Futter. Wiederhole dies mehrfach hintereinander, übe öfter über den Tag verteilt, an verschiedenen Orten und unterschiedlich hoher Ablenkung.
2. Umorientierung aufbauen
Überprüfe zunächst, ob der Hund die Bedeutung des neuen Wortsignals gelernt hat. Sage in einem Moment dein Abbruchsignal, in dem der Hund gerade mit etwas anderem beschäftigt ist und somit nicht damit rechnet. Orientiert er sich zu dir um, ist die Vokabel gelernt.
Jetzt wird die Übung verändert, denn nun kommt das Markerwort oder der Clicker mit ins Spiel. Gib deinem Hund das Merkerwort oder einen Click, sobald er sich zu dir umorientiert. Erst dann folgt die Belohnung. Der Marker wird also zwischen Abbruchsignal und Belohnung zwischengeschaltet.
Die richtige Reihenfolge ist:
Abbruchsignal (z. B. oh-oh) → Hund unterbricht seine Handlung → Click bzw. Markerwort → Belohnung.
Stolpersteine in dieser Phase.
Der Hund orientiert sich nicht um. Dann gibt es natürlich keinen Marker und ihr beginnt noch einmal mit Trainingsschritt 1. Wähle ggf. eine andere Belohnung.
Das Timing spielt hier eine wichtige Rolle. Achte deshalb bitte darauf, dass der Click bzw. das Markerwort nicht zu spät kommt. Der Marker muss kommen, sobald dein Hund seine Handlung unterbricht. Es ist nicht nötig, dass er dir in die Augen schaut.
Warum ein Markersignal?
Vielleicht ist dir noch nicht ganz klar, warum wir bei dieser übung ein Markersignal einsetzen, wo wir doch im vorherigen Schritt das Wort schon mit der Belohnung verknüpft haben.
Der Marker bedeutet: “Das,was du gerade getan hast, war richtig.” Der Hund soll lernen, mit dem aufzuhören, was er gerade tut. Geben wir in dem Moment des Aufhörens das Markersignal, erleichtern wir dem Hund zu verstehen, worum es geht.
3. Alternativverhalten etablieren
Ein Hund tut nie etwas ohne Grund und aus seiner Sicht immer das Richtige. Wenn er unsererseits etwas nicht tun darf, ist es immer sinnvoll, ihm zu vermitteln, was er stattdessen tun soll. Überlege dir also, welches Alternativverhalten dein Hund zeigen soll. Möglich wäre zum Beispiel der Hand-Touch, Bei-Fuß-Gehen oder sich hinzusetzen. Das hängt natürlich von der jeweiligen Situation ab. Es können auch mehrere Alternativverhalten geübt werden.
Das abschließende Ziel der gesamten Übung ist, dass der Hund seine Handlung unterbricht und von sich aus das Alternativverhalten zeigt. Trainiere aber auch dies zunächst in kleinen Schritten.
Beginne, wie unter 2. beschrieben und frage danach das gewünschte Alternativverhalten beim Hund ab. Wenn es gut klappt, kannst du Marker und Belohnung nach der Umorientierung weglassen. Es reicht dann, wenn die Belohnung nach dem Alternativverhalten kommt.
Das kann dann so aussehen:
Der Hund buddelt im Garten, Frauchen sieht das und nennt ihr Abbruchsignal. Der Hund hört auf zu buddeln, schaut sein Frauchen kurz an und legt sich auf seine Decke, die im Garten für ihn bereit liegt.
Schlusswort
Bitte achte darauf, dass du dein Abbruchsignal niemals, aber auch wirklich niemals im scharfen oder lauten Ton sagst. Wir wollen eine positive Verknüpfung aufbauen. Das Abbruchsignal wird daher mit ruhiger, freundlicher Stimme gegeben. Es ist niemals nötig, einen Hund anzuschreien!
Kennt dein Hund bereits ein Abbruchsignal? Wie hast du es trainiert? Funktioniert es auch zuverlässig in schwierigen Situationen? Verrate es mir gern in einem Kommentar.
Ein Abbruch-Signal ist sicherlich gut und sinnvoll, aber woher weiß mein Hund denn, dass er etwas bestimmtes gar nicht darf, wie z.B. das im Beispiel verwendete Buddeln?
Irgendwann ist die Aufgabe, die ich meinem Hund als Alternativ-Verhalten gegeben habe ja einfach mal beendet. Wie soll der Hund verknüpfen, dass Buddeln im Garten niemals eine Option ist?
Hi,
Abbruchsignal und Training an unerwünschtem Verhalten sind für mich 2 verschiedene paar Schuhe. Das Abbruchsignal ist nur für die Fälle da, in denen der Hund schon dabei ist etwas zu tun, was er nicht soll. Wenn wir aber genau festlegen, was der Hund nicht tun darf, dann sollten wir gezielt an dem jeweiligen Verhalten trainieren. Man kann nie pauschal sagen, wenn der Hund etwas nicht darf, dann wähle ich Methode X. Die Art des Trainings hängt immer auch von der Situation und von dem Ergebnis ab, welches wir haben wollen.
Ich möchte z. B. dass meine Hündin weniger bellt. Wie kann ich das erreichen? Sicher könnte ich einen Gegenstand auf den Boden fallen lassen oder einen Wasserstrahl in ihre Richtung sprühen. Aber derartige Methoden verachte ich und werde sie bestimmt nicht empfehlen! Ich konzentriere mich lieber auf das Verhalten das ich haben will und das fördere ich gezielt. In diesem Fall ist das einfach ruhig sein. Also bin ich anfangs mit einem Clicker in die Bellpausen gegangen, später habe ich dann ein Signal eingeführt. Durch häufige Wiederholungen weiß Rica genau, dass sie nach den Worten “Sind wir zu laut?” (ich habe manchmal etwas eigenartige Wortsignale, das ist bei mir normal :-)) das Bellen runterfährt, bestenfalls ganz damit aufhört.
Beim Buddeln wiederum kann man z. B. dem Hund vermitteln, dass er bestimmte Bereiche im Garten nicht betreten soll. Auch das kann man über positive Verstärkung z. B. einen Barrieremarker üben. Alternativ kann man ihm dann z. B. eine Ecke einrichten, in der Buddeln erlaubt ist. So würde ich das angehen.
LG Bettina