12 Jahre Hundehalterin – meine wichtigsten Erkenntnisse und Erfahrungen

von | 03.10.2022

Der 3. Oktober ist für mich ein ganz besonderer Tag. Der Grund dafür ist allerdings nicht der Tag der Deutschen Einheit oder die Tatsache, dass wir an diesem Tag immer frei haben. Am 3. Oktober 2010 begann mein Leben als Hundehalterin.

12 Jahre mit Hunden an meiner Seite ist Grund genug für einen Blogartikel. Ich erzähle dir von meiner Entwicklung, von dem, was ich gelernt habe und was ich heute anders machen würde

Erfahrungen Hundehalterin

Von nix ‘ne Ahnung, aber ein Hund musste her!

 

2010 zogen wir von der Großstadt in unser Häuschen im Grünen. Nicht lange, nachdem wir mit allen baulichen und gestalterischen Arbeiten fertig waren, stellte sich bei meinem Mann und mir der Wunsch nach einem Hund ein. Ich bin ein sehr entschlussfreudiger Mensch, und wenn ich mir erst einmal etwas in den Kopf gesetzt habe, bin ich auch sehr schnell darin, es in die Tat umzusetzen.

Bis der richtige Hund gefunden war, dauerte es also nicht lange. Rica zog ein und mit ihr die Probleme. Ich war damals tatsächlich so naiv und glaubte, wenn ich mir einen Hund hole, der aus dem Welpenalter raus ist, habe ich mit den Themen Stubenreinheit und Leinenführigkeit nichts mehr zu tun. Ich sollte eines Besseren belehrt werden. Zwei Monate hat es gedauert, bis Rica stubenrein war. An der Leine lief sie mehr schlecht als Recht. Außerdem hatte sie vor vielen Dingen im Alltag Angst, was auch mich oft überforderte.

Ein Erlebnis blieb mir dabei ganz besonders im Gedächtnis: Wir ließen Rica von der Leine, denn uns war damals wichtig, dass der Hund Freilauf bekam. Ich rief sie, und nichts geschah. Ich hockte mich hin, ich versuchte, sie einzufangen. Rica blieb auf Distanz und machte alles, außer zu uns zurückzukommen. Schließlich wusste ich mir nicht anders zu helfen, als mich flach auf dem Boden zu legen, und siehe da – Rica kam endlich im Schneckentempo zurück. Man bedenke allerdings, es war Mitte Januar …

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war uns klar, dass wir uns Hilfe bei einer Hundetrainier:in suchen mussten. So konnte es jedenfalls nicht weitergehen.

 

Im Dschungel der Trainingsmethoden

 

Auf der Suche nach einer Hundeschule landeten wir schließlich bei einer Hundetrainerin, die an verschiedenen Orten in unserer Stadt Unterrichtsstunden gab. Damit begann meine Reise durch den Dschungel der Trainingsmethoden. Ich gebe zu: Ich habe mit Rica aversiv gearbeitet. Ich habe regelmäßig den Leinenruck praktiziert, sie angeschrien, wenn sie nicht so wollte wie ich und habe sie manchmal auch im Nacken gegriffen. Heute schäme ich mich in Grund und Boden dafür und diese „Schatten der Vergangenheit“ sind auch der Grund, warum ich auf jegliche Form von aversiven Handlungen am Hund oftmals so militant reagiere. Aber der Reihe nach.

Die erste Hundetrainerin, bei der wir waren, lehrte also die althergebrachte Hierarchie mit Rudelführer und Rangordnung, sprach von Unterordnung und Gehorsam. Je länger ich bei ihr war, desto öfter hinterfragte ich allerdings auch ihr Tun. Doch sie argumentierte mit den Worten: „Hunde untereinander sind auch nicht zimperlich.” oder „Dein Hund ist doch zu dir auch alles andere als fair.“ Bis ich dort jedoch den Absprung fand, sollte es über ein Jahr dauern. Ein Jahr, in dem ich aber bereits selbst damit begann, mir Wissen anzueignen.

Doch wie sollte es nun weitergehen? Wie sollte ich weiter mit Rica arbeiten? Eines Tages schleppte mein Mann eine DVD an, die er beim Discounter unseres Vertrauens auf dem Wühltisch gefunden hatte. Dort wurde gezeigt, wie (angeblich) gewaltfrei mit Hunden über Körpersprache gearbeitet wurde. Es wurde mit Futter belohnt und außer Leine und Halsband keine Hilfsmittel eingesetzt. Klang für mich mit meinem damaligen Wissensstand gut. Hatte ich doch von dem Gebrüll auf dem Hundeplatz die Nase gestrichen voll.

Von jetzt an beschäftigte ich mich mit dieser „leisen” Art des Hundetrainings. Ich arbeitete nun körpersprachlich mit Rica. Wenn sie an der Leine zog, blockte ich sie ab. Wenn sie bellte, stellte ich mich zwischen sie und den Auslöser und machte mich dabei besonders groß.

Ich besuchte sogar zwei Seminare. Während eines Seminars stellten sich bei Rica sogar deutlich sichtbare Erfolge ein. Heute weiß ich, dass diese „Erfolge” eine Art Aufgeben/ Resignation des Hundes waren. Auch hier verstand ich nach einer gewissen Zeit, dass diese Methode alles andere als gewaltfrei ist.

Eine Hundeschule, so meine Meinung, nachdem ich auch mit dieser Art des Trainings durch war, würde ich in meinem Leben nicht mehr betreten!

Es sollte eine ganze Weile dauern, bis ich den für mich richtigen Weg fand. Es gab kein Hundebuch in unserer Stadtbibliothek, das nicht schon bei mir zu Hause war. Ich schaute Videos, las Zeitschriften, recherchierte im Internet. Schließlich fand ich einen vierwöchigen Onlineworkshop zum Thema „Lernen beim Hund“ Vier Wochen lang beschäftigte ich mich ausführlich mit der Lerntheorie und mit den Folgen von Belohnung und Bestrafung. In dieser Zeit ist so mancher Knoten bei mir geplatzt. Erst als ich die Lerntheorie verstand, wurde mir deutlich bewusst, was ich in der Zeit zuvor mit Rica gemacht hatte.

Erfahrung Hundehaltung

Ein Vierteljahr später buchte ich gleich den nächsten Onlineworkshop zum Thema Clickertraining. Dort lernte ich die wunderbare Trainingstechnik des Shapings kennen. Inzwischen war auch Bobby bei uns eingezogen, und während des Workshops blühte er richtig auf. Die Übungen mit dem Shaping haben ihm einen enormen Schub an Selbstvertrauen gegeben.

Seit dieser Zeit, etwa Anfang 2015 arbeite ich belohnungsbasiert, setze sowohl Clicker als auch Markerwort im Training ein. Ich gestalte Lernsituationen so, dass die Hunde viele Erfolgserlebnisse haben und unerwünschtes Verhalten nach Möglichkeit gar nicht erst entsteht.

 

12 Jahre Hundehalterin – Mehr Auf als Ab

 

In diesem Abschnitt blicke ich auf die wichtigsten Ereignisse der letzten zwölf Jahre zurück.

  • 2010 zog Rica bei uns ein. Es gab Probleme mit der Stubenreinheit. Das Gehen an der Leine funktionierte mehr schlecht als recht, der Rückruf wurde ignoriert. Sie hatte Angst in diversen Alltagssituationen
  • 2011 Das erste mal Unterricht bei einer Hundetrainerin. Zusammengefasst, keine guten Erfahrungen.
  • 2012 stolperte ich in die nächste Trainingsmethode, die sich ebenfalls als Reinfall ergeben sollte.
  • 2014 erkrankte Rica schwer an einer Blutarmut. Die Situation war lebensbedrohlich. Beinahe hätten wir unseren Hund verloren.
  • 2015 Bobby aus Rumänien zog ein. Ich fand endlich den richtigen Trainingsweg für mich und meine Hunde. In dieser Zeit bildete sich außerdem mein Interessenschwerpunkt heraus: Arbeit an Verhaltensproblemen über positive Verstärkung. Endlich fand ich auch die richtige Hundeschule für Rica und mich.
  • 2016 startete ich meinen ersten Hundeblog. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Absichten, Hundetrainerin zu werden. Ich wollte einfach über mein Leben und meine Erfahrungen mit Rica und Bobby schreiben.
  • 2017 machten wir mit beiden Hunden Urlaub an der Ostsee. Hier freute ich mich besonders über Bobby, der alle kleinen Herausforderungen wie Restaurantbesuche oder gehen durch große Menschenmengen hervorragend gemeistert hatte.
  • 2018 erfüllte ich mir meinen Traum und begann meine Ausbildung im Bereich Tierpsychologie und Verhaltenstherapie des Hundes.
  • 2020 erlebten wir einen Rückschlag mit Bobby, der aus heiterem Himmel meinen Mann biss, als er ihn anleinen wollte. Den Grund dafür habe ich nie erfahren, weil ich selbst nicht dabei war. Es war aber ein Anlass, Bobby tierärztliche gründlich untersuchen zu lassen. Das Ergebnis, Bobby hatte Spondylose.
  • 2022 Rica und Bobby sind inzwischen ältere Hunde und manchmal blicke ich mit Wehmut in die Zukunft. Denn mir ist bewusst, dass die Zeit, die vor uns liegt, kürzer sein wird, als die Zeit, die wir bereits hinter uns haben. Aber wir genießen jeden Tag, den wir zusammen noch verbringen dürfen.

 

12 Jahre Hundehalterin – meine wichtigsten Erkenntnisse

 

Das Leben mit Hund war und ist für mich ein intensiver und großartiger Lernprozess, der auch meine Persönlichkeit tiefgreifend beeinflusst hat. So bin ich z. B. ruhiger, geduldiger und auch empathischer geworden. Früher habe ich mich darüber aufgeregt, wenn eine Übung nicht so geklappt hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich war in mancher Hinsicht egoistisch, habe meine eigenen Interessen vor die meines Hundes gestellt. Heute weiß ich: Wann es Zeit ist für den nächsten Trainingsschritt, entscheidet der Hund, nicht der Mensch!

Erfahrung Hundehalterin

„Wissen ist Macht“. Kennst du dieses alte Sprichwort? Es ist so treffend. Ich habe mir in den vergangenen 12 Jahren ein Umfangreiches Fachwissen in den Bereichen Hundeerziehung und -verhalten angeeignet. Darauf bin ich ehrlich gesagt, auch ein bisschen stolz! Außerdem: Je mehr Wissen ich erworben hatte, desto leichter stieg ich hinter die Marketing-Tricks so mancher Hundetrainer:innen.

Seitdem ich Hundehalterin bin, erlebe ich die Natur viel intensiver und nehme bewusster wahr, wie sie sich im Lauf der Jahreszeiten verändert. Ich war schon immer ein draußen-Mensch. Seitdem ich Hunde habe, aber noch viel mehr.

Natürlich habe ich durch die Hunde auch viele neue Menschen kennengelernt. Und wer kennt sie nicht, die Hundebegegnungen, die man nicht unbedingt braucht. Aber so geht es uns allen doch hin und wieder.

 

Was ich heute anders machen würde

 

Aus heutiger Sicht bin ich damals sehr naiv an das Thema Hundehaltung herangegangen. Hier würde ich mich im Vorwege auf jeden Fall gründlicher informieren. Vielleicht mal einen Hund von Freunden oder Nachbarn zur Probe für eine Weile aufnehmen, während diese verreist sind, um das Leben als Hundehalter schon einmal in der Praxis kennenzulernen.

Wenn Probleme auftreten, ist es immer ratsam, zu hinterfragen, warum das geschieht. Der Hund will uns nicht ärgern oder provozieren. Jedes Verhalten des Hundes hat einen Grund.

Vor allem aber würde ich bei der Wahl einer Hundetraine:rin mehr auf mein Bauchgefühl vertrauen und genauer recherchieren, ob diese:r wirklich gewaltfrei arbeitet. Genau das rate ich dir auch, wenn du auf der Suche nach einer Hundeschule bist

 

Schlusswort

 

Sein Leben mit einem Hund zu teilen, ist aus meiner Sicht eine große Bereicherung. Ohne meine Hunde wären die letzten Jahre mit Sicherheit ganz anders verlaufen. Natürlich ist der Alltag mit Hund nicht nur eitel Sonnenschein. Aber die positiven Momente überwiegen eindeutig. ich kann mir jedenfalls ein Leben ohne Hunde nicht mehr vorstellen.

Das war mein Weg mit Hund. Erzähle mir doch von deinem Werdegang als Hundehalter:in. Das Kommentarfeld wartet darauf, von dir befüllt zu werden.

Bitte Beachte: Das Kommentarfeld ist in erster Linie zur Diskussion Rund um den Blogartikel gedacht. Individuelle Fragen, die deinen Hund betreffen, können hier nicht beantwortet werden. Wenn du Hilfe im Alltag oder bei Problemen mit deinem Hund brauchst, nimmt bitte Kontakt mit mir auf.

1 Kommentar

  1. Sonja Trocha

    Hallo, in vielen Dinge erkenne ich mich in diesem Blogartikel wieder. Besonders das Thema Hundeschule, Da war ich Anfangs auch sehr naiv. Mein Bauchgefühl hat mir aber sofort gesagt, dass da einiges nicht passt.
    Unsere Reise ging dann weiter durch verschiedene Vereine.
    Aber auch dort waren die Ausbildungsmethoden auch nicht 100 % nach unserem Geschmack. Allerdings deutlich besser als in jeder Hundeschule, die wir uns angeschaut haben.
    Uns hat in den Vereinen am meisten gestört, dass es nicht hauptsächlich um Spaß mit dem Hund, sondern um möglichst viele Punkte bei Prüfungen und Wettkämpfen ging.
    Wir haben dann einfach unser eigenes Ding gemacht.
    Einen großen Platz gepachtet und dort mit Freunden und deren Hunden Spaß gehabt.
    So machen wir es jetzt seit einigen Jahren.
    Die Hundehaltung hat mein Leben stark verändert und das vor allen Dingen positiv.
    Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, als Hundebloggerin für ein besseres Hundeleben zu kämpfen.
    Mit Aufklärung und dem Zeigen von Alternativen und den Leuten Mut zu machen auf ihre innere Stimme zu hören, kann man viel erreichen.
    Liebe Grüße
    Sunny

    Antworten

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