Wissenswertes zur Leinenführigkeit

von | 27.11.2018

In den ersten Wochen mit unserer Hündin Rica hatten wir diverse Probleme. Das Gehen an lockerer Leine gehörte dazu. Doch wie sich später herausstellte, war ich mit diesem Problem längst nicht allein, im Gegenteil: ich kenne kaum einen Hundehalter, den das Thema Leinenführigkeit nicht irgendwann schon einmal beschäftigt hat.

Für meinen heutigen Blogartikel habe ich mir Gedanken gemacht, warum ein entspanntes Laufen an der Leine oft Probleme bereitet und was du zur Verbesserung der Leinenführigkeit deines Hundes tun kannst. Dabei geht es weniger um Trainingsmethoden, sondern vielmehr um das Zusammenwirken von Hund und Halter.

Leinenführigkeit, was ist das eigentlich?

Wenn du in Puncto Leinenführigkeit etwas verändern möchtest, empfehle ich dir, dir zunächst einmal über deine Erwartungen im Klaren zu werden. Was soll sich verändern? Was erwartest du von deinem Hund, sobald die Leine am Halsband oder Geschirr befestigt ist.

Für mich heißt Leinenführigkeit, dass meine Hunde an lockerer Leine an meiner Seite laufen. Dabei müssen sie nicht an meinem Bein kleben. Es ist auch nicht schlimm, wenn ein Hund mal ein Stück vor mir läuft, solange die Leine locker ist.

LeinenführigkeitLeinenführigkeit – warum bereitet sie Schwierigkeiten?

Es gibt viele Gründe, warum das gehen an lockerer Leine vielen Hunden schwerfällt. Nachstehend führe ich einige davon auf.

Das gehen an der Leine wurde nicht trainiert

Ich erinnere mich noch ganz genau an die ersten Tage mit Rica. Ich schnappte mir die Leine, machte sie an Ricas Halsband fest und ging los. Zumindest wollte ich das. Doch ich kam nicht weit, denn ich hatte die Rechnung ohne meine Hündin gemacht. Maximal 10 bis 15 Schritte, dann blieb mein Hund erst mal stehen und nichts passierte. Das setzte sich über unseren gesamten Spazierweg fort. Du kannst dir sicher vorstellen, dass Gassigehen unter diesen Voraussetzungen keinen Spaß macht.

Erst später wurde mir klar, dass das Gehen an der Leine genauso trainiert werden muss, wie jedes andere Verhalten, das unser Hund lernen soll. Woher soll er sonst wissen, was wir von ihm erwarten?

Reizüberflutung

Du verlässt gemeinsam mit deinem Hund das Haus. Bereits nach wenigen Schritten fängt er an zu ziehen, bleibt einfach hinter dir zurück oder wechselt im Eiltempo die Seiten.

Lust auf ein kleines Gedankenspiel? – Sehr schön, legen wir los. 🙂

Stell dir vor, du befindest sich auf einem Großstadtbahnhof. Du warst dort vorher noch nie. Alles ist fremd. Du nimmst die vielen Menschen wahr, die sich auf dem Bahnsteig drängeln. Die Lautsprecherdurchsagen dröhnen in deinen Ohren. die Gerüche aus der Bahnhofsgastronomie machen dich hungrig. Alles stürmt gleichzeitig auf dich ein. Du wirst unruhig. Schließlich gehst du einfach los, in irgendeine Richtung, ohne zu wissen, warum.

Zurück zu unseren Hunden. Dass Hunde eine weitaus ausgeprägtere Sinneswahrnehmung haben als wir Menschen, weißt du sicher. Allein über ihre Nase nehmen sie Gerüche auf, die wir nicht einmal ansatzweise bemerken. Sie wissen nicht, wo sie zuerst hin sollen, möchten am liebsten alles gleichzeitig untersuchen, rennen einfach los… – schon strafft sich die Leine.

Keine Kommunikation zwischen Hund und Halter

Ich sehe leider immer wieder Hundehalter, die einfach an der Leine ihres Vierbeiners herumreißen und ihn von einer Schnüffelstelle weg oder in eine andere Richtung ziehen, ohne dass ein Wort gesprochen oder ein Sichtzeichen gegeben wird. Das einzige, was man höchstens mal vernehmen kann ist ein genervtes “Geh endlich weiter.” oder die Steigerung “Nein”, “Pfui”, “aus”.

Ich finde das sehr schade, denn fast alles, was ein Hund tun soll, kann man mit einem Wortsignal oder Sichtzeichen belegen. So sagt der Hundehalter freundlich “Weiter”. Der Hund weiß, was gemeint ist und folgt ihm.

Die Stimmung des Menschen

Die Wirkung von Stimmungsübertragung wird häufig unterschätzt. Dabei spielt sie im Zusammenleben mit unseren Hunden eine sehr wichtige Rolle. Bist du z.B. vor dem Spaziergang schon genervt, weil du dir vorstellst, wie dein Hund dich gleich wieder durch die Gegend zieht, überträgt sich diese Stimmung sofort auf den Hund. Wir können unseren Vierbeinern nichts vormachen.

Das kannst du tun

Belohne gewünschtes Verhalten

Wir Menschen neigen dazu, alles was gut klappt als selbstverständlich hinzunehmen und geben daher kein Feedback. Erst wenn der Hund an der Leine zieht, wird mit Korrektur reagiert. Dabei ist es viel sinnvoller, gerade am Anfang einer Lernphase immer wieder für das Laufen an lockerer Leine zu belohnen. Auf diese Weise verstärktes Verhalten wird immer wieder gern und oft gezeigt.

Trainiere die Leinenführigkeit

Das Gehen an der Leine muss mit dem Hund geübt werden. Baue dein Training in kleinen Schritten auf und steigere die Ablenkung sehr langsam. Beginne am Besten in der Wohnung. Leine deinen Hund an, stelle dich selbst in die Position, die du zum losgehen haben möchtest. (z. B. dein Hund ist links neben dir). Steht er ruhig bei dir, gibt es bereits die erste Belohnung. Du gehst anfangs nur wenige Schritte, um zu vermeiden, dass dein Hund Fehler macht. Geht er diese Schritte ruhig mit dir mit, lobe ihn ausgiebig, und gib ihm am Ende der Übung einen Keks. Denk daran, immer wieder Pausen zu machen und die Übungseinheiten kurz zu halten.

Wenn das Gehen an der Leine im Haus schon gut klappt, verlagerst du dein Training auf den Garten bzw. in eine ruhige Grünanlage mit wenig Ablenkung und beginnst von Neuem. Übe nach und nach an verschiedenen Orten und unter langsamer Steigerung der Ablenkung.

Ein ruhiger Spaziergang

Spazierengehen bedeutet für uns, uns in einem Tempo zu bewegen, das wir angenehm finden. Hunde sind da ein bisschen anders gestrickt. Sie möchten ihre Umgebung erkunden, schnüffeln, sich wälzen oder ähnliches.
Ich empfehle dir, wenigstens einmal am Tag einen Spaziergang in langsamen Tempo zu machen, damit dein Hund Gelegenheit hat, seine Umwelt in Ruhe zu erkunden. In diesem Blogartikel beschreibe ich, wie wichtig für den Hund die Kommunikation über Gerüche ist. Du wirst sehen, wie entspannend so ein ruhiger Spaziergang auch für dich sein wird.

Werde gelassener

Hektik und Ungeduld sind im Zusammenleben mit einem Hund echte Stolpersteine. Bist du hektisch und nervös, überträgt sich diese Stimmung auf deinen Hund und ihr schaukelt euch gegenseitig hoch.
Ruhe und Gelassenheit bekommt man nicht von heute auf morgen, aber man kann sie erlernen. Der Wille zur Veränderung ist der erste Schritt.

Was mache ich wenn…?

… mein Hund an der Leine zieht?

Ein ziehender Hund möchte in eine bestimmte Richtung, und zwar sofort. Gibt der Mensch dem Ziehen nach, hat der Hund Erfolg gehabt. Was Erfolg bringt, wird immer wieder getan. Das Verhalten verstärkt sich.

Die logische Konsequenz daraus ist, dass wir dieses Erfolgserlebnis möglichst vermeiden müssen. Hier gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:

Sobald sich die Leine strafft, bleibst du stehen. Deine Füße bekommen Wurzeln die sich fest mit der Erde verbinden. 🙂 Erst wenn die Leine wieder locker ist und dein Hund sich zu dir umdreht, lobst du ihn kurz und ihr geht weiter.

Nun kann es jedoch sein, dass dein Hund sofort wieder anfängt zu ziehen, sobald ihr euch in Bewegung setzt. Er hat ja ein Ziel, zu dem er unbedingt möchte. Hier kommt die zweite Möglichkeit ins Spiel: Der Richtungswechsel. Drehe dich um, fordere deinen Hund freundlich auf, mitzukommen. Wenn er dir folgt und hinter dir ist, ist die Leine Locker. Dies ist ein guter Zeitpunkt für eine Belohnung.

… mein Hund mit der Nase am Boden klebt?

Am besten habt ihr ein Signal für das weitergehen trainiert. Wenn dein Hund sich gar nicht von einer Schnüffelstelle trennen mag, gibst du ihm dieses Signal. Vergiss die Belohnung nicht!

Du kannst auch versuchen ihn abzulenken, indem du ihm motivierend ansprichst oder ihm sein Lieblingsspielzeug zeigst. Allerdings muss ich auch ganz ehrlich sagen, dass wir Menschen gegen die Umwelt wenig Chancen haben. Hat dein Hund sich irgendwo “festgeschnüffelt” und lässt sich von deinen Versuchen nicht beeindrucken, hilft nur abwarten. Trainiere nun verstärkt an der Aufmerksamkeit deines Hundes. Ziehe ihn nicht gewaltsam von einer Schnüffelstelle weg.

Schlusswort

Nun ist der Artikel doch um einiges länger geworden, als ich es beabsichtigt hatte. Doch das Thema Leinenführigkeit kann man nicht eben mal in ein paar Sätzen abhandeln. Dafür ist es einfach zu komplex und zu viele Faktoren spielen mit hinein.

Wie klappt das Laufen an der Leine bei deinem Hund? War es von Anfang an problemlos oder gab es Schwierigkeiten? Wie hast du die Leinenführigkeit trainiert? Verrate es mir gern in einem Kommentar.

Bitte Beachte: Das Kommentarfeld ist in erster Linie zur Diskussion Rund um den Blogartikel gedacht. Individuelle Fragen, die deinen Hund betreffen, können hier nicht beantwortet werden. Wenn du Hilfe im Alltag oder bei Problemen mit deinem Hund brauchst, nimmt bitte Kontakt mit mir auf.

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