Vielleicht hast du das auch schon erlebt: Du gehst mit deinem Hund Gassi, und alles scheint in Ordnung. Doch aus heiterem Himmel bleibt dein Hund wie angewurzelt stehen. Über die Leine kannst du wahrnehmen, dass er zittert. Vielleicht macht er sogar Anstalten zu fliehen. Er hat Angst.
Bald ist wieder Silvester. Für die meisten Hunde der schlimmste Tag des Jahres und für deren Menschen ebenso. Wenn der Hund Angst hat, bedeutet das eine echte Herausforderung. Wie kann ich meinem Hund die bestmögliche Unterstützung geben, wenn er Angst hat? Diese Frage stellen sich viele, und im Netz, auf der Gassirunde oder auf der Hundewiese, findet man ebenso viele Antworten. Doch leider befinden sich darunter auch zahlreiche Empfehlungen, die äußerst bedenklich sind. Davon habe ich mir für diesen Artikel einige herausgesucht. Natürlich erläutere ich, warum ich das so sehe und was du besser machen kannst.
Was ist Angst?
Angst ist eine Emotion, die sowohl bei uns Menschen als auch bei Tieren eine wichtige Schutzfunktion erfüllt. Sie entsteht, wenn eine potenzielle oder tatsächliche Bedrohung wahrgenommen wird, und dient dazu, das Überleben zu sichern. Durch körperliche und geistige Reaktionen bereitet sich der Organismus darauf vor, eine Gefahr zu bewältigen.
Angst kann sich in zahlreichen Facetten zeigen. Viele Hunde haben Angst vor lauten Geräuschen. Andere wiederum finden Mülltonnen, Menschen mit Hut, schwarze Hunde oder auch bestimmte Untergründe furchterregend. Wichtig ist, dass du die Angst deines Hundes immer ernst nimmst und nachfolgende Dinge bitte nicht tust.
Den Hund zum Angstauslöser locken
Das Locken ist eine bewährte Herangehensweise, um einem Hund ein neues Verhalten beizubringen. Man nimmt ein Futterstück oder ein Spielzeug, bringt dieses in die gewünschte Position, und der Hund folgt dem Lockmittel. Auf diese Weise könnte man einen Hund jetzt auch zu einem Angstauslöser hin oder daran vorbei locken. Aus meiner Sicht ist das jedoch keine gute Wahl. Du knüpfst damit eine lebenswichtige Ressource (Futter) an die Bedingung, sich dem gefürchteten Gegenstand zu nähern. Das bringt Den Hund in einen Konflikt. Einerseits möchte der Hund natürlich an das Futter. Andererseits muss er zu dem gruseligen Objekt , um an das Futter zu kommen. Das erzeugt zusätzlichen und wie ich finde unnötigen Stress.
Besser: Setze auf Verhalten, das dein Hund von sich aus zeigt und quittiere jedes freiwillige Hinwenden zum Auslöser mit dem Markersignal. Die Übung Click für Blick ist hierfür sehr gut geeignet.
Mit dem Hund schimpfen
Bei manchen Hunden geht Angst mit starken und auch dauerhaften Lautäußerungen einher. Es kann anstrengend werden, wenn der Hund minutenlang bellt oder jault. Es ist verständlich, wenn du da einfach nur möchtest, dass der Geräuschpegel aufhört. Schimpfen ist da jedoch keine Lösung, sondern schaukelt die Situation nur noch weiter hoch. dein Hund wird dadurch noch gestresster und regt sich noch mehr auf.
Besser: Setze schon einen Schritt früher an, nicht erst in der angstauslösenden Situation. Belohne im Alltag ruhiges Verhalten deines Hundes. Wenn dein Hund bellt oder jault, macht er dabei auch Pausen. Nutze diese Pausen, um ihn zu belohnen. Still sein ist richtig.
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Den Hund ignorieren
„Nicht streicheln“ rief mir vor vielen Jahren eine Nachbarin zu, als ich mich um Rica kümmerte, die draußen vor irgendetwas Angst hatte. „Du verstärkst damit die Angst“, begründete sie und ich glaubte ihr damals. Immerhin war sie seit mehreren Jahren Hundehalterin, ich erst seit ein paar Tagen.
Leider wird die Empfehlung, den Hund bei Angst zu ignorieren, noch immer gegeben. Und das ist fatal, denn viele Hunde werden, allein aufgrund eines Mythos, der sich vermutlich schon seit Generationen weiter verbreitet, im Stich gelassen. Dabei brauchen sie die Unterstützung ihrer Bezugsperson doch so dringend!
Überleg mal: wie würdest du dich fühlen, wenn du starke Angst empfindest und den Menschen an deiner Seite interessiert das nicht die Bohne?
Die Wahrheit ist: Angst wird durch Zuwendung nicht verstärkt. Verstärkt werden kann nur Verhalten. Angst ist aber kein Verhalten, sondern eine Emotion. Diese kann nicht durch Zuwendung verstärkt werden. Im Gegenteil.
Gib deinem Hund daher in beängstigende Situationen die Zuwendung und Unterstützung, die er braucht. Schicke ihn auf keinen Fall weg, wenn er deine Nähe sucht.
Dem Hund zum Angstauslöser zwingen
Stell dir vor, du möchtest mit deinem Hund gemeinsam eine Holzbrücke überqueren. Deinem Hund ist diese Brücke jedoch nicht geheuer. Er weigert sich, weiter zu gehen und zeigt deutliche Anzeichen von Angst. Du bemerkst vielleicht gar nicht, dass es die Brücke ist, die ihm Unbehagen bereitet, entscheidest, dass da nichts ist, was Angst auslösen könnte und ziehst ihn hinter dir her. Frei nach dem Motto: da muss er durch. Hinterher wird er schon merken, dass es nicht schlimm war.
Dieses Vorgehen ist nicht nur egoistisch und unfair, es zerstört auch Vertrauen, das dein Hund in dich hat. Jedes Lebewesen hat eine unterschiedliche Wahrnehmung. Was dem einen Angst bereitet, bemerkt der andere vielleicht nicht einmal. Wenn du etwas für harmlos hältst, heißt es noch lange nicht, dass dein Hund es ebenfalls tun musst, nur weil du es so willst.
Besser: Wenn dein Hund deutlich zeigt, dass er Angst vor etwas hat, nimm ihn wahr und auch ernst. Gib ihm die Zeit, sich mit dem Reiz auseinanderzusetzen. Wenn er weg will, vergrößere den Abstand. Übe in kleinen Schritten, mit dem Auslöser besser zurechtzukommen.
Hektisch und nervös reagieren
Ja, es tut weh, wenn man mit ansehen muss, wie der eigene Hund sich wie ein Häufchen Elend in eine Ecke kauert, wie Espenlaub zittert und angsterfüllt bellt oder jault. Oftmals macht sich dann Hilflosigkeit breit, das wiederum macht uns unruhig und nervös.
Doch genau in solchen Momenten ist es wichtig, die eigene innere Balance zu bewahren. Dein ängstlicher Hund spürt, wenn du aufgeregt bist. Es ist daher sehr wichtig, dass du Ruhe behältst. Natürlich ist mir klar, dass auch wir nicht mal eben einen Schalter umlegen können und dann tiefenentspannt sind. Fühlst du dich selbst in der Situation unwohl, atme zunächst ein paar mal tief durch. Dein Gehirn wird dadurch mit Sauerstoff versorgt und du kannst wieder etwas klarer denken. Nun überlege, wie du deinen Hund am besten unterstützen kannst. Vielleicht hilft es dir auch, in Situationen, in denen dein Hund Angst hat, eine Vertrauensperson an deiner Seite zu haben, die dir zusätzlichen Support bietet.
Schlusswort
Es ist wichtig, dass du deinen Hund immer ernst nimmst, wenn er Angst hat, auch wenn aus deiner Sicht der Auslöser noch so banal sein mag. Gib deinem Hund die Unterstützung und Zuwendung die er braucht und arbeite in kleinen Schritten an den Angstauslösenden Dingen.
Ein strukturierter Alltag, ein liebevoller und geduldiger Umgang, Beschäftigungen, die deinem Hund Spaß machen sowie viele kleine Erfolgserlebnisse helfen auf der anderen Seite, das Wohlbefinden deines Hundes zu stärken und an Selbstvertrauen zu gewinnen. Das ist bei der Arbeit Angstproblematiken ein enorm wichtiger Baustein.
Schreibe in die Kommentare: Hat oder hatte dein Hund vor bestimmten Dingen oder Situationen Angst? Wie bist du damit umgegangen und welche Lösung war für euch die beste?
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